Wenn Regen Träume durchweicht – Von Banjole nach Krnica

Die Etappe von Banjole nach Krnica wird zu einem Tag voller Gegensätze – lautem Chaos, stiller Einsamkeit und einem Schuss Abenteuer. Der Morgen startet mit einem turbulenten Frühstück unter 40 Kindern auf dem Campingplatz, bevor die Fahrt entlang der Steinküste beginnt. Sonne, Schwüle und schließlich heftiger Regen verwandeln die Strecke in ein Wechselspiel aus Schönheit und Herausforderung. Der Radfahrer fährt ein Stück auf dem Camino, entdeckt einsame Buchten – und kämpft sich später durch Matsch, Felsen und tiefe Pfützen. Stürze, Kratzer und Schrammen bleiben nicht aus, doch am Ende erreicht er erschöpft, aber stolz das kleine, abgelegene Krnica. Ohne Empfang, im prasselnden Regen, genießt er die Ruhe – und die wohlverdiente Einsamkeit nach einem Tag, der alles hatte: Himmel, Hölle und ein bisschen Wunder.
Wenn Regen Träume durchweicht – Von Banjole nach Krnica

mit dem Rad nach Kroatien

Krnica – 10.09.2025 – #49

von Banjole nach Krnica
Ausblick vom Campingplatz

Wenn Regen Träume durchweicht – Von Banjole nach Krnica

→ Verregnete Steinküste, Stürze und Schrammen, aber auch stille Abende in Abgeschiedenheit.

Chaos zum Frühstück

Mein Tag beginnt auf dem Campingplatz – und was für ein Start das ist! Etwa 40 Kinder, vermutlich alle unter zehn, stürmen wieder das Restaurant. Das Rührei verteilt sich auf drei Schalen, der Nutella-Bereich ist komplett verwüstet, und überall klebt Milch oder Tee. Ich sitze da, sehe zu, wie sie mit voller Hingabe versuchen, ihre Tassen zu balancieren, und denke: „Das ist doch herrlich.“ Statt genervt zu sein, finde ich es wundervoll. Diese kindliche Unordnung bringt mich zum Schmunzeln.

Natürlich bekomme ich trotzdem mein Frühstück, halte mich aber nicht lange auf. Ich packe, schwinge mich aufs Rad – die Straße ruft.

Der Weg ans Meer

Eigentlich wollte ich es heute ruhig angehen lassen, ich plane zwischendurch gemütlich einen Kaffee zu trinken und den Tag zu genießen. Der Wetterbericht hat Regen vorhergesagt aber noch sieht es schön aus. Die Orte durch die ich fahre sind klein, nur wenige Häuser und viel schlimmer noch, weit und breit kein Cafe.  Also ändere ich spontan meine Route. Nicht ins Landesinnere, sondern lieber am Meer entlang. Da gibt es zwar auch kein Cafe aber dafür ist die Umgebung schöner. Und das war die beste Entscheidung des Tages.

Ich fahre an der Steinküste entlang, die Sonne brennt, 27 Grad, schwül. Dunkle Wolken am Horizon und es fängt an zu regnen, nicht ein bischen sondern ziemlich Ordentlich. Mehrmals erwischt mich ein heftiger Schauer, der mich völlig durchnässt. Statt mich zu ärgern, genieße ich es fast – der Regen kühlt ab, macht den Kopf frei. Dazwischen entdecke ich wundervolle Orte, kleine Buchten, einsame Strände, die aussehen, als hätten sie nur auf mich gewartet.

von Banjole nach Krnica
Steinküste
von Banjole nach Krnica
Mein einziger Regentag

Ein kurzes Stück fahre ich sogar auf dem Camino, dem berühmten Jakobsweg. Nur ein paar Kilometer, aber ich fühle mich sofort verbunden mit all den Pilgern, die diesen Weg schon gegangen sind. Die Route ist wirklich schön, Wellen peitschen auf die Felsen, Steilküsten bieten ein Blick von Oben aufs unruhige Meer, der Wind und der Regen tun ihr übriges. Ich sehe Orte, die ich sonst niemals gesehen hätte, kein Touri Gebiet sondern direkt in der Natur, direkt am Meer.

Die Hölle aus Stein und Wasser

Doch die Romantik endet abrupt. Der letzte Abschnitt der heutigen Etappe wird zur Tortur. Ein komplett aufgeweichter Weg, brauner hartnäckiger Match, der sowohl am Rad, als auch an mir klebt. Der Weg ist zudem übersät mit spitzen Felsen. Anfangs versuche ich noch, zu fahren, aber die Reifen rutschen ständig weg. Also schiebe ich. 7 Kilometer lang. Leicht bergauf. Mit einem Rad, das schwerer wirkt als alles, was ich bisher bewegt habe.

Meine Beine sind schon müde, doch jetzt melden sich auch die Arme. Ich stolpere, schlage mich durch, sammle Kratzer, blaue Flecken und benutze zum ersten Mal mein Erste-Hilfe-Set. Besonders heimtückisch sind die Pfützen. Sie sehen harmlos aus, sind aber so tief, dass beide Pedale unter Wasser verschwinden. Vom Untergrund keine Spur. Jeder Schritt wird zum Abenteuer.

Ich fluche, lache, fluche wieder. Nach fast zwei Stunden habe ich es endlich hinter mir. Und obwohl es die kürzeste Strecke der gesamten Reise war, fühle ich mich so, als hätte ich gerade einen Marathon hinter mich gebracht. Das haben weder mein Rad noch ich schadlos überstanden. 

 

Ein Abend ohne Empfang

Natürlich sind meine Klamotten jetzt nass. Und bei der Luftfeuchtigkeit kann ich vergessen, sie bis morgen zu trocknen. Aber ich nehme es hin. Morgen soll es sowieso wieder regnen. Ich komme ins Hotel, neben mir nur ein weiterer Gast. Die Saison ist vorbei. Ich schleppe mich inkl. meiner matschigen Schuhe in die Rezeption und hinterlasse eindeutige Spuren auf den sonst sehr sauberen Boden. Das wäre noch nicht so schlimm gewesen, wenn ich nicht via Treppe in den zweiten Stock gemusst hätte und die Spuren bis in mein Zimmer deutlich auf den Boden zu sehen waren. 

 Der Ort Kranj ist wirklich sehr klein, besteht eigentlich nur aus einem Hotel, einem Hafen und ein paar Häuser. Das einzige Restaurant im Dorf ist gleichzeitig Bar, Café, Post und Polizei in einem. Ein echtes Allzweckhaus. Ich bin direkt nach dem einchecken los und will dort ein Kaffee trinken. Zum Glück! Der Besitzer erklärt mir das gerade nicht viel los ist und er heute schon gegen 16:00 Uhr schließen will. 16:00 Uhr? Und dann? Dann gibt es nichts mehr höre ich ernüchternd. Also gibt es heute ein frühes Abendessen. Ich ergattere noch etwas Warmes zu essen – keine kulinarische Offenbarung, aber es reicht.

Draußen geht gerade die Welt unter. Der Himmel pechschwarz, der Regen prasselt so stark, dass man in Sekunden durchnässt wäre. Ich sitze drinnen, sehe hinaus, und fühle mich abgeschottet von der Welt.

von Banjole nach Krnica
Ausblick meiner Übernachtungsstelle

Hier gibt es keinen Empfang. Kein Handy, kein Fernseher, kein Internet. Nur ich, mein Buch und das Rauschen des Regens. Und obwohl ich todmüde bin, genieße ich diese Stille.

Ich denke zurück an den Tag: das Chaos beim Frühstück, die Schönheit der Küste, die Hölle aus Stein und Wasser. Und ich spüre, wie sehr mich all das erschöpft – aber auch lebendig macht. Diese Absolute Abgeschiedenheit, die Ruhe und der Regen entspannen mich. Heute ist ein guter Tag zum ausruhen.

Manchmal ist das größte Abenteuer nicht die weite Welt, sondern der kleine, verregnete Abend in einem Dorf ohne Empfang. 🌧️📖

📸  Tourbilder

Bilder, die meine Tour lebendig machen – jeder Moment erzählt seine eigene Geschichte 🚴✨

🚴‍♀️  Der Radfahrer

von Banjole nach Krnica

von Banjole nach Krnica

Heute ist ein Tag, an dem der Radfahrer spürt: sein Körper ist am Limit. Jeder Muskel schreit, die Hände sind rau, das Handgelenk schmerzt bei jedem Bremszug. Mehrfach ist er hart gestürzt. Aufgeschürfte Beine, Risse im Oberarm, kleine Wunden, die sich mit Schweiß und Staub verbinden. Der Schmerz zieht durch ihn hindurch, nicht wie ein kurzer Blitz, sondern wie ein beständiges Dröhnen. Er sieht auf seine Haut und weiß: er ist gezeichnet – aber nicht gebrochen.
Sein Rad sieht kaum besser aus. Die Bremsen quietschen, die Kette rattert, die Räder haben Schläge. Beide – Rad und Fahrer – sind heute angeschlagen. Er fragt sich: Halten sie das noch durch? Werden sie gemeinsam am Ziel ankommen? Oder ist dies der Punkt, an dem man akzeptieren muss, dass es zu viel ist? Doch während er so denkt, rollen die Räder weiter. Trotz Kratzer, trotz Schmerzen, trotz Zweifel. Und genau das gibt ihm die Zuversicht: sie schaffen es zusammen.
Als ob das alles nicht reichen würde, wird das Wetter jetzt auch noch zum Gegner. Regen prasselt nicht einfach auf ihn herunter – er stürzt vom Himmel, als wollte er ihn prüfen. Die Straßen verwandeln sich in kleine Flüsse, das Wasser schwappt über die Reifen, zieht an der Kleidung, durchweicht jedes Stück Stoff. Seine Schuhe glucksen bei jedem Tritt in die Pedale, das Wasser läuft ihm kalt den Rücken hinab. Der Himmel grau, der Wind pfeift, und doch – er fährt. Schritt für Schritt, Meter für Meter.
Und dann passiert etwas, womit er nicht gerechnet hätte: Gerade in dieser fordernden Zeit öffnen sich die Augen für die Schönheit, die er sonst vielleicht übersehen hätte. Er entdeckt Orte, die aussehen, als seien sie aus einer anderen Welt. Kleine Buchten, in denen der Regen wie silberne Fäden auf das Wasser trifft. Grüne Hänge, die im grauen Licht geheimnisvoller wirken als im Sonnenschein. Verlassene Wege, die ihn einladen, ihre Geschichte zu erraten. Es sind vielleicht die schönsten Eindrücke der ganzen Reise. Und sein Rad – so angeschlagen es auch ist – bringt ihn zuverlässig dorthin.
Am Abend steht er vor seiner Unterkunft. Das Rad muss draußen bleiben, angelehnt an die Wand, tropfend, müde, so wie er selbst. Er streicht über den Rahmen, über die verkratzte Oberfläche, und flüstert fast: „Danke, dass du mich heute getragen hast.“ Er weiß, sie beide haben gelitten, sie beide brauchen Ruhe. Aber auch, dass sie es wieder schaffen werden. 
Er selbst zieht die nassen Klamotten aus, legt sich früh ins Bett. Der Körper ist schwer, das Herz müde, aber da ist auch ein Funken Zufriedenheit. Er weiß: Morgen wird ein neuer Tag, eine neue Etappe. Heute zählt nur, durchgehalten zu haben. 

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