Himmel und Hölle – Von Villach nach Bled

Himmel und Hölle – Von Villach nach Bled Glühende Bremsen, endlose Anstiege und traumhafte Ausblicke – ein Tag zwischen purer Erschöpfung und unvergesslicher Schönheit.
Himmel und Hölle – Von Villach nach Bled

mit dem Rad nach Kroatien

Bled – 03.09.25 – #42

von Villach nach Bled

Der Blick von 2000m ins Tal

Himmel und Hölle

Traumhafte Ausblicke und glühende Bremsen, ein Tag zwischen Euphorie und Angst.

Ein chaotischer Anfang

Kaum losgefahren – schon verfahren. 😂 Ich weiß nicht, wie ich es immer wieder schaffe, aber mein Navi hat offenbar eine ganz eigene Vorstellung von „richtige Richtung“. An mir kann es ja nicht liegen 😂. Statt gemütlich einzuradeln, stehe ich schon nach wenigen Minuten irgendwo, wo ich ganz sicher nicht hinwollte. „Na toll“, denke ich, „wenn das so weitergeht, finde ich Kroatien niemals.“

Aber gut – ich bin unterwegs, und das ist, was zählt. Noch lache ich darüber und frage mich beim nächsten Wegweiser ob ich doch falsch bin. 

Auch wenn es witzig anfängt, der Spaß verfliegt, sobald der Weg beginnt, steil anzusteigen. Ich meine nicht ein bisschen steil, sondern so richtig brutal steil. Zum Glück bin ich schon bei 800 Höhenmeter und ich muss ja nur bis über 2000. Das kann ja eigentlich kein Problem sein. Ich revidiere meine Meinung bei ungefähr 1200 Höhenmeter, schaffe es noch bis 1600 Höhenmeter zu radeln aber ab da ist Feierabend. Ich kann nicht mehr, ich schiebe. Alle 100 Meter bleibe ich stehen, atme keuchend, Hände auf den Knien. Mein Herz rast, meine Beine brennen, und in meinem Kopf spukt ein Gedanke herum: „Warum. Zum Teufel tue ich mir das an?“ Mein Wasser ist leer und für den Energieriegel reicht mir die Kraft nicht mehr. Kurzzeitig denke ich daran hier zu übernachten. 

Die Schönheit und die Schmerzen

Doch jedes Mal, wenn ich kurz anhalte und nach unten schaue, sehe ich die Berge, die tiefblauen Seen, die Wälder, die sich wie ein grüner Teppich ausbreiten. Einzelne Blumen blühen am Rand, als wollten sie mir zuzwinkern: „Los, du schaffst das!“ Es ist einsam hier, keine Menschenseele, keine Schilder, keine ausgebauten Wege. Nur ich, mein Rad – und die Stille.

Aber die Stille hat einen bitteren Beigeschmack. Meine Knie tun weh, meine Schultern schreien, jeder Meter auf diesem Geröllweg ist eine Zumutung. Und es dauert noch bis ich das Gipfelkreuz erreicht habe. Ein oder zwei Stunden später ist es soweit, ich habe es geschafft und den Berg bezwungen. Komplett fertig, durchgeschwitzt und froh endlich da zu sein, hoffe ich ab jetzt wird es leichter. Ja, bergab war es nicht so kräftezerend aber auch nicht wirklich besser. Meine Bremsen sind im Dauereinsatz, ich rüttele über Steine, halte den Lenker fest, als hinge mein Leben davon ab – was in gewisser Weise auch stimmt. Rechts von mir geht es steil und ungesichert bergab. Mehrere 100m, ich versuche, nicht hinzuschauen.

Und dann passiert es: Die Bremsen glühen. Erst rieche ich es, dann merke ich, dass die hintere Bremse kaum noch Wirkung zeigt. Etwas nervös bremse ich betend, dass sie durchhält mit der Vorderradbremse herunter und halte an. Was jetzt? Ich habe keine Ahnung. Am besten kühlen aber wie? Naja ich bin in den Bergen, auf den nächsten Winter zu warten ist keine Option, dann vielleicht einfach mit Bergwasser kühlen. Und siehe da, neben mir fließt ein kleiner Bach. Also schnell die Trinkflasche gefüllt und das Wasser über die Bremse gekippt. Es zischt laut, ein kleiner Dampfstoß steigt auf – als hätte mein Rad gerade eine Zigarette ausgedrückt. Hilft das? Ein bisschen. Aber nicht genug. Der Gedanke, jetzt noch 1400 Höhenmeter bergab zu müssen, ohne funktionierende Bremse, ist… sagen wir mal: suboptimal. 😩

 

von Villach nach Bled

Österreich mit Blick Richtung Kroatien

von Villach nach Bled

Österreich mit Blick Richtung Villach

Geschlossene Straßen, offene Augen

Als wäre das nicht schon genug, treffe ich plötzlich auf eine Absperrung. Durchfahrt verboten. Das gilt bestimmt nicht für mich denke ich noch so, als ein Arbeiter mir zu ruft: „This road is closed!“ Ich antworte mit meiner besten Pokerface-Stimme: „Sorry, I don’t understand, I’m from Germany.“ Sehr glaubwürdig war das vermutlich nicht. Er ruft mir noch irgendetwas hinterher aber das habe ich nicht mehr verstanden. Aber eins ist sicher, zurück will ich nicht. Mein Navi zeigt nach vorne, also geht’s nach vorne.

Kurz darauf verstehe ich auch, warum die Straße gesperrt war: Erdrutsche, Baumfällarbeiten. Baumstämme liegen am Rand, die Erde wirkt instabil. Ich rede mir ein, dass ich einfach schneller sein muss als die Natur. „Wenn’s rutscht, bin ich halt schon dran vorbei“, sage ich halblaut und lache nervös. In Wahrheit ist mir alles andere als wohl. Das scheint hier nicht ganz so ungefährlich zu sein. Aber schnell vorbei sein kann ich, meine Bremsen funktionieren sowieso kaum noch – passt also perfekt. 🍀

Mein Durst wird immer größer. Aber die Trinkflasche ist nur noch mit Wasser vom Berg für die Bremsen gefüllt. Und Bachwasser trinken? Lieber nicht. In der Ferne sehe ich eine Autobahnraststätte. Leider auf der falschen Seite der Autobahn. Vier Spuren… ich überlege kurz, wenn ich schnell bin schaffe ich das. Wie durstig bin ich gerade? Nicht durstig genug um eine vierspurige Autobahn mit einem voll beladenen MTB zu überqueren. Ein bisschen vernunft ist also noch da. Zum Glück finde ich ein  paar Kilometer weiter ein kleinen Ort mit einem Cafe. Ich bestelle einen Latte Macchiato und einen Mandarinen-Drink frisch gepresst. Beides schmeckt wie der beste Luxus der Welt. Ich sitze draußen, schaue auf die Berge und ins Tal und denke: „Wow, da komme ich gerade her – Allein für diesen Moment hat sich das schon gelohnt.“ 😋

 

Bled – märchenhaft und hungrig

Mein Tagesziel heißt Bled. Es liegt in Slowenien und soll sehr schön sein. Schon von Weitem erkenne ich den See: hellblau, friedlich, in der Mitte die kleine Insel mit einer Kirche. Ein Anblick wie aus einem Bilderbuch. Ich freue mich aufs Hotel, vor allem aufs Abendessen. Mein Magen knurrt seit Stunden. Doch dann das: „Heute Ruhetag“, verkündet ein Schild am Restaurant. 😳 Ich starre darauf, als hätte mir jemand gesagt, Weihnachten fällt dieses Jahr aus.

Der Hotelbesitzer klärt mich auf, dass gleich am See mehrere Möglichkeiten zum Abendessen existieren. Also schnell los – zu Fuß. Schon nach 5,5 Kilometer zu Fuß um den See ist (ca. 1h) sind endlich die ersten Buden zu sehen.  Und ja, mein Magen protestiert lautstark. Aber der Weg ist wirklich schön. Der See liegt da wie ein Spiegel, die Sonne färbt alles in ein warmes Abendlicht, Menschen spazieren, lachen, machen Fotos. Es fühlt sich an, als wäre ich in einer anderen Welt, fast schon in einem Märchen.

 

von Villach nach Bled

Bled

Endlich finde ich ein Restaurant. Endlich Essen! Burger?!? Oh man… Leider gibt es hier gerade nichts anderes. Aber das Werbeschild sieht immerhin toll aus. Ich bestelle also einen Burger, keinen  McCheese,  in der Hoffnung auf einen saftigen Diner-Traum – leider bekomme eine Imbiss-Variante, die mich eher an Bauchweh als an Genuss erinnert. Aber egal. Ich esse, ich werde satt. Und heute zählt nur: überlebt.

Nach einer weiteren Stunde Fußmarsch zurück, es wird schon dunkel, bin ich zurück am Hotel und falle ins Bett. Fix und fertig, durchgeschüttelt, halb verdurstet – aber auch voller Eindrücke. Heute habe ich viel gelernt: Wie man Bremsen sollte, das Getränke unterwegs wichtig sind, das Grenzen nicht nur Linien auf einer Karte sind. Manchmal verlaufen sie auch im Kopf – und manchmal reicht ein Latte Macchiato, damit die Welt wieder in Ordnung ist. 🌙☺️

📸  Tourbilder

Bilder, die meine Tour lebendig machen – jeder Moment erzählt seine eigene Geschichte 🚴✨

🚴‍♀️ Der Radfahrer

von Villach nach Bled

Von Villach nach Bled

Der Radfahrer tritt in die Pedale. Erst zögerlich, dann gleichmäßiger. Das rote MTB erwacht unter ihm zum Leben. Die Pedale drehen sich, die Kette klackert sich durch die ersten Gänge. Es ist dieses vertraute Surren, das ihn sofort beruhigt, dieses gleichmäßige Rattern, wenn die Schaltung die Zähne wechselt. Unter den Reifen knacken Steine, springen nach links und rechts weg, während die Stollen sich in den Schotter graben. Jedes Geräusch, jedes Vibrieren wandert durch Rahmen, Gabel und Lenker direkt in seinen Körper.
Eigentlich wollte er heute nachdenken. Antworten finden. Entscheidungen sortieren, Menschen einordnen, vielleicht Klarheit gewinnen. Doch je länger sich die Räder drehen, desto mehr verschwinden diese Gedanken. Stattdessen übernimmt der Rhythmus: Surren, Klackern, Rattern, Knirschen. Alles andere wird leise, wie weggeblasen. Es gibt keine Grübeleien mehr, keine dunklen Schatten. Nur die Bewegung, den Flow, der ihn mitreißt.
Er spürt die Erschöpfung in den Beinen, die Hitze im Körper – und trotzdem breitet sich Stolz aus. Wenige würden solche Touren wagen: steile Rampen, endlose Kilometer, holprige Trails, brennende Sonne. Doch er nimmt sie an. Sein Rad nimmt sie an. Und zusammen wachsen sie über ihre Grenzen hinaus.
Doch auch die Sorge fährt mit. Bei jeder Abfahrt spürt er die Hitze der Bremsen, wenn sie unter seinen Fingern ächzen. Ein beißender Geruch steigt auf, verbranntes Material. Er hört das Zischen, wenn er kaltes Wasser aus der Flasche über die Scheiben gießt. Das Rad leidet – und er leidet mit. Vielleicht ist es wie im Leben, denkt er: Manche Teile halten nicht ewig. Manchmal muss man abmontieren, ersetzen, neu aufbauen. Schwer, aber notwendig.
Und trotzdem: Wenn er den Bremshebel zieht, wenn die Gabel zittert, wenn der Lenker in seinen Händen vibriert – er fährt weiter. Gerade darin liegt seine Stärke. Es ist dieses stille Wissen: Er wird die Schwierigkeiten meistern. Hier, auf den steilen Trails. Aber auch dort, wo es nicht um Berge und Wege geht, sondern um all die unsichtbaren Kämpfe.
Er spürt, wie er mit jedem Tritt verschmilzt – mit dem Rad, mit der Natur, mit sich selbst. Das Rad ist kein Gefährt. Es ist ein Spiegel. Jeder Schlag ins Material trifft ihn. Jede Schramme auf dem Lack erinnert an vergangene Hürden. Doch wenn die Kette schnurrt, wenn die Reifen fliegen, dann fliegt auch er.
Auf einmal bleibt sein Blick an etwas Kleinem hängen: eine Pusteblume am Wegesrand. Er hält an, steigt ab, beugt sich hinunter und nimmt sie vorsichtig in die Hand, als wäre sie etwas Kostbares. Einen Moment lang betrachtet er die zarten weißen Schirmchen, dann pustet er sanft hinein. Sie tanzen davon, getragen vom Wind, schweben leicht und frei durch die Luft. Ein warmes Gefühl durchströmt ihn – ein wundervoller glücklicher Moment. Ihm wird klar: manchmal reicht ein Atemzug, um alles leichter zu machen.
Und zwischendrin diese Momente, die größer sind als Müdigkeit. Seen, so klar, dass sie wirken wie ein Spiegel der Seele. Wälder, die im satten Grün rauschen, während sein Rad leise über die Steine singt. Eine Blume, die trotzig aus einer Felsspalte wächst. Er hält kurz inne, atmet durch, spürt, wie sein Herz aufgeht. Und in diesem Moment denkt er an Menschen, die ihm guttun. An Begegnungen, die bleiben. Vielleicht ist es manchmal richtig, die geplante Route zu verlassen, den eigenen Weg neu zu wählen – und einfach dem Glück zu folgen.
Als er schließlich am See von Bled ankommt, erschöpft und schweißgebadet, setzt er den Fuß auf den Boden. Das rote MTB steht neben ihm, staubig, voller Kratzer, aber treu wie eh und je. Er legt die Hand auf den Rahmen, streicht über den kühlen Lack, fast so, als würde er einem Freund auf die Schulter klopfen. Gemeinsam haben sie getragen, gelitten und geflogen. Gemeinsam haben sie Berge erklommen und Steine zerschmettert.
Und während die Sonne über dem Wasser glitzert, während das Rad leise abkühlt und die Kette im Nachklang noch einmal kurz klackert, weiß er: Morgen geht es weiter. Gemeinsam. Mit Stolz, mit Zuversicht, mit Freude. Denn das Leben fährt sich wie das Rad: Manchmal holprig, manchmal rasant – aber immer mit der Chance auf neue Horizonte.

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