
Der Aufbruch – Von Eystrup nach Villach

mit dem Rad nach Kroatien
Villach – 02.09.2025 – #41
Eystrup am Bahnhof
Der Aufbruch – Von Eystrup nach Villach
Schlaflos, voller Zweifel und mit einem Rad, das schon am Bahnhof für Chaos sorgt.
Ein Wecker in schwarzer Nacht
03:30 Uhr. Mein Wecker klingelt. Ich reiße die Augen auf, aber von Schlaf kann keine Rede sein. Die Nacht war ein einziges Hin- und Herwälzen. Zu viele Gedanken, zu viel Aufregung. Ich frage mich: „Was, wenn mein Rad nicht in den Zug passt? Ist die Reise dann vorbei, bevor sie überhaupt angefangen hat? Habe ich mich vielleicht übernommen? 2000 Höhenmeter – schaffe ich das ? Bin ich verrückt?“
Müde krieche ich aus dem Bett, versuche, mich zu sortieren, und stelle fest: draußen ist es stockdunkel. Nicht einfach ein bisschen dunkel – nein, es ist so schwarz, dass
selbst die Straße verschwindet. Glücklicherweise ist der Radweg dunkelgrau – sozusagen ein starker Kontrast zum Schwarz 😅, der sich vom Nichts abhebt. „Immerhin weiß ich, wo ich langfahre“, denke ich ironisch. Mit meinen Stecklichtern bewaffnet, rolle ich los. Das vordere leuchtet gegen meine Lenkertasche und das Hintere ist von der Satteltasche verdeckt. Welch Segen, dass ich die Stecklicher mitgenommen habe 😅.
Am Bahnhof: absolute Stille. Keine Menschenseele, nur mein Rad und ich. Ich stehe dort, das Herz schlägt schneller, als wollte es mir sagen: „Jetzt gibt es kein Zurück mehr.“ Und irgendwo in der Ferne kräht ein Hahn. Fast so, als hätte er verstanden, dass heute ein besonderer Tag ist oder will er mich vielleich warnen? So früh morgens ist der Bahnhof in ein oranges Licht von den Laternen gehüllt, kein Licht vom Auto und selbst die Anzeige steht still. Ein kleines bisschen unheimlich. Kurz darauf erscheinen die drei typischen Zuglichter, keine Ansage oder ein Hinweis das ich jetzt einsteigen muss.
Zehn Stunden zwischen Kälte und Chaos
Der erste Zug nach Hannover ist aufregend. Zum ersten Mal transportiere ich mein Rad in der Bahn – und natürlich passt es nicht auf den reservierten Stellplatz. Natürlich nicht. Meine Reifen sind zu breit. Ich belege kurzerhand einen anderen Platz und zurre mein Rad mit einem Spanngurt an ein Geländer. Natürlich bleibe ich die ganze Fahrt beim Rad stehen und verzichte auf meinen Sitzplatz. „Super Start“, denke ich und grinse trocken.
Im ICE nach München dann die nächste Überraschung:Das Fahrradabeiteil ist möglicherweise für klappräder gedacht, nicht aber für ausgewachsene MTBs und dazu Kälte. So, als hätte jemand die Klimaanlage auf „arktischer Windstoß“ gestellt. Ich ziehe alles an, was ich dabei habe und das war nicht viel. Ich friere trotzdem. Inzwischen nagt auch der Hunger – denn gegessen habe ich noch nichts.Kein Frühstück und die Zufahrten sind so getacktet, das ich keine Chance habe am Bahnhof etwas zu kaufen. Im EuroCity nach Villach wird es dann richtig voll. Menschen, Gepäck, Fahrräder – alles quetscht sich in die Abteile. Zehn Stunden Zugfahrt, ohne etwas zu essen, ohne Platz, ohne Ruhe. Klingt nach Spaß, oder? 😅
Und doch gibt es Momente, die mich verzaubern. Der Zug fährt durch Österreich, und plötzlich erkenne ich die Stationen meiner alten Alpe-Adria-Tour. Bad Gastein zum Beispiel – damals hat mich der Anstieg dort fast zerissen. Ich sehe die Berge, wie sie in den Wolken verschwinden, Wasserfälle, die wie weiße Fäden die Hänge hinabstürzen. Es nieselt, alles wirkt geheimnisvoll. Ich klebe am Fenster, mein Rad quietscht leise im Gang, und ich denke: „Genau deswegen machst du das hier.“
Villach
Villach Stadtrand
Ankunft in Villach
Nach zehn Stunden endlich: Villach. Doch die Stadt empfängt mich nicht mit offenen Armen, sondern vorerst mit gesperrten Rolltreppen. Fahrräder verboten. Also: 30 Kilo Rad mit Gepäck zwei Treppen hochschleppen. 💪 Ich fluche, keuche, und schleppe mich hoch – geschafft. Ich bin platt, aber auch stolz. Erste Hürde geschafft, jetzt kann ja nicht mehr soviel passieren.
Die Stadt überrascht mich dann positiv. Sie wirkt entspannt. Menschen schlendern durch die Fußgängerzone, lachen, essen Eis, trinken Kaffee. Alles wirkt so sommerlich, so gelassen. Ich fühle mich zum ersten Mal wirklich angekommen. Doch dann kommt der Hunger wieder. Aber ich will erst meine Unterkunft suchen und das Rad abstellen. Glücklicherweise ist es nicht weit entfernt am Stadtrand. Kurz darauf ziehe ich los und suche ein Restaurant – Einige sind geschlossen, andere überfüllt. Ein Motorradfestival hat die Stadt geflutet, in den meisten Restaurants bekomme ich keinen Tisch mehr.
Am Ende lande ich in einem Burgerladen. Ich habe wirklich Hunger jetzt und bestelle einen McCheese „nach Art des Hauses“. Hört sich doch gut an. Was ich bekomme, sind zwei kleine Käseplätzchen. Zwei. Nicht ganz das, was ich mir erhofft habe. Aber heute ist es mir egal. Ich esse die Käseplätzchen, bin bin müde und immer noch hungrig. Das Wichtigste: Ich bin da.
Ein Drink als Ritual
Nach dem üppigen Abendessen schlendere ich durch die Stadt. An der Bergspitze sehe ich einen Regenbogen und genieße kurz den Anblick. Die Sonne taucht alles in warmes Licht und die Temperatur ist angenehm. In der Dämmerung suche ich mir eine Bar und bestelle einen Lillet Wildberry, und plötzlich fühlt es sich an wie ein Ritual. Fruchtig, frisch, entspannt – ein kleines „Jetzt geht’s wirklich los“. 🍹 Ich lehne mich zurück, sehe die letzten Sonnenstrahlen, und denke: „Wenn das Wetter so bleibt, wird das eine großartige Reise.“ Laut App sollte es aber regnen, doch heute scheint die Sonne. 🍀
Zum ersten Mal seit Stunden spüre ich Ruhe. Die Zweifel vom Morgen sind nicht verschwunden, aber sie sind leiser geworden. Ich atme tief durch, nippe an meinem Glas und genieße diesen Moment, schaue den Leuten zu und genieße den Abend.
Mein Tag endet so, wie er begonnen hat, dunkel. Er war anstrengend, chaotisch, hungrig – und trotzdem wunderschön. Die letzte Aufgabe für heute war es die Unterkunft wieder zu finden. Ich hätte mir merken sollen wo sie war. Nach einer weiteren halben Stunden falle ich ins Bett, erschöpft, aber voller Vorfreude. Morgen beginnt das eigentliche Abenteuer. Und trotz allem: Ich freue mich. ☺️
Abend in Villach
📸 Tourbilder
🚴♀️ Der Radfahrer
Die Abreise nach Villach
Der Radfahrer erwacht in einer unruhigen Nacht. Schlechte Träume haben ihn begleitet, voller Bruchstücke aus Vergangenheit und Gegenwart. Menschen tauchten auf, die ihm einst nah waren, und Menschen, die es gerade erst geworden sind. Es war, als hätte sein Unterbewusstsein eine Liste erstellt: jene, die enttäuscht haben, und jene, die ihm jetzt guttun.
Mit müden Augen sieht er sein rotes MTB neben sich. Die Fragen kreisen weiter: Werden die Bremsen halten, die er selbst gewechselt hat? Ist die neue Kette stark genug? Aber diese technischen Sorgen sind nur ein Spiegel seiner eigentlichen Zweifel. Die Unsicherheit sitzt tiefer. Ob er dieses Abenteuer schaffen wird, ist fraglich. Er hat sich nicht gut vorbeitet. Der Radler erkennt, er muss sich wieder mehr um sich kümmern, damit er dieses Abenteuer aber auch das Abenteer des Lebens bewältigen kann.
Während er durch die Dunkelheit zum Bahnhof rollt, bleibt er in Gedanken bei sich und seinen Freunden. Einige sind ihm sehr nahe gekommen, haben sich aber entschlossen wieder weit weg zu sein, andere, die er schon abgeschrieben hat, treten plötzlich in sein Leben, fragen nach ihm, zeigen echtes Interesse. Dieser Kontrast macht ihn nachdenklich.
Wer ist noch an seiner Seite, wenn die Straßen steil werden, wenn die Bremsen glühen? Bisher war er sich sicher, das er jedes Klappern am Rad erkennen konnte, sowie den Gefühlszustand der Menschen die ihm nahe stehen oder standen. Doch kann er sich noch darauf verlassen?
Auf dem Bahnsteig ist es still, nur ein Hahn kräht in der Ferne. Der Radfahrer spürt die Einsamkeit – und zugleich eine leise Aufbruchsstimmung. Sein Rad passt nicht in den reservierten Stellplatz, er verzichtet auf den Sitzplatz und bleibt beim Rad. Ein kleines Symbol dafür, dass er auch im Leben nicht alles so vorfindet, wie es geplant war. Manchmal muss man improvisieren, manchmal geht man eben einfach einen anderen Weg, weil es nicht anders geht. Aber er ist sich sicher, einfach stehenbleben und nichts tun, ist für ihn keine Option.
Die langen Stunden im Zug ziehen sich. Die Landschaften wechseln, Wasserfälle stürzen, Wolken verhüllen Gipfel. Der Radfahrer sieht hinaus, aber sein Blick bleibt nach innen gerichtet. Er denkt an jene neuen Menschen, die ihm ein Lächeln schenken, an Gespräche, die ihm Hoffnung machen. Und er spürt, dass diese Begegnungen wertvoller sind als alles, was ihn enttäuscht hat. Er ist sich sicher, er findet seinen Weg. Nicht nur in Österreich oder Slowenien sondern seinen ganz persönlich Weg. Er denkt kurz darüber nach und lächelt, weil er weiß, er wird sich diverse Male verfahren aber er weiß auch, er wird sein Ziel finden.
Abends in Villach, nach einer langen, anstrengenden Fahrt, sitzt er mit einem Lillet Wildberry in der Hand, während sein rotes MTB sicher untergebracht ist. Der fruchtige Geschmack entspannt ihn, fast wie ein kleiner Neuanfang. Die Stadt pulsiert um ihn herum, Menschen lachen, essen Eis, genießen den Sommer. Für einen Moment legt er die Müdigkeit ab und fragt sich ob das sein Leben ist, mit dem Rad durch unbekannte Länder zu Fahren, neue Menschen kennzulernen und sie zum Lächeln zu bringen? Tief in sich hört er die Antwort: Ja. Er ist ein guter Mensch der gerne andere Menschen Glücklich macht.
Er zweifelt daran, ob er immer das Richtige getan hat, Vielleicht war die Bremse nicht gut, die er sich ausgewählt hat. Aber er wollte sie haben. Vielleicht war die Kette einfach zur falschen Zeit dran? Egal was in der Vergangenheit war, er ist sich sicher, mit etwas Liebe und Aufmerksamkeit, wird die Bremse halten und die Kette das Rad reibungslos weiterbringen.
So endet der Tag, nicht mit einem Sieg auf der Straße – aber mit einem stillen Sieg für die Zukunft, denn jeder Tritt, jede Narbe und jede Begegnung machen den Radfahrer glücklicher, zufriedener und stärker….
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